Allianz Research: Starker BIP-Rückgang nur Spitze des Eisbergs
Die Corona-Krise hat die deutsche Wirtschaft auf eine beispiellose Talfahrt geschickt: Laut der BIP-Flash-Schnellschätzung des Statistischen Bundesamts beläuft sich der Konjunkturrückschlag im Startquartal 2020 auf satte -2,2 Prozent – dies sei der schärfste Wirtschaftseinbruch seit dem Höhepunkt der großen Finanzkrise (Q1 2009), teilte Allianz Research am Freitag in München mit. Auf einen Schlag sei damit der kumulierte BIP-Zuwachs der letzten 2,5 Jahre ausradiert worden – die deutsche Wirtschaftsleistung sei damit auf den niedrigsten Stand seit Mitte 2017 zurückgefallen, obwohl die Corona-Restriktionen nur in den letzten zwei Märzwochen voll zum Tragen gekommen seien.
Wie es weiter hieß, hätten die Eindämmungsmaßnahmen im April schätzungsweise sogar rund 30 Prozent der deutschen Wirtschaft stillgelegt. Daher dürfte der BIP-Rückgang im zweiten Quartal auch im zweistelligen Bereich rangieren, so die Experten. Seit Anfang Mai gehe es einhergehend mit der schrittweisen Lockerung der Eindämmungsmaßnahmen konjunkturell wieder aufwärts.
Asynchrone konjunkturelle Erholung
Neben der schleppenden Erholung der deutschen Binnennachfrage dürfte in den kommenden Quartalen auch die asynchrone konjunkturelle Erholung auf globaler Ebene die Perspektiven für den deutschen Export belasten, hieß es weiter. Als eine zusätzliche Herausforderung könnte sich demnach auch die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von internationalen Lieferketten entpuppen. Knapp 20 Prozent der deutschen Wertschöpfung entstünden über internationale Wertschöpfungsketten. Vor allem die ungleiche konjunkturelle Erholung in der EU – der wichtigsten Partnerregion – könnte den Experten zufolge in einigen Sektoren die Reaktivierung der Lieferketten verzögern. Dies könnte neben erhöhten Lagerbeständen die Produktion in Deutschland zurückhalten und der deutschen Wirtschaft trotz einer sich abzeichnenden Nachfrageerholung den Vorsprung beim Neustart verhageln.
Die Corona-Krise habe ganz Europa mit voller Wucht erfasst, doch die deutsche Wirtschaft dürfte im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarländern schneller und besser aus der Krise kommen, hieß es weiter. Während für Deutschland in 2020 mit einem Rückschlag von -8,9 Prozent zu rechnen sei, dürfte insbesondere in den Südländern Spanien (-11 Prozent) und Italien (-11,4 Prozent) die Rezession noch einmal deutlich schärfer ausfallen. Maßgeblich verantwortlich hierfür sei die größere Betroffenheit der anderen EU-Schwergewichte durch das Virus, was einen strikteren und länger anhaltenden Lockdown erforderlich gemacht habe. (ud)
Weitere Artikel und Meldungen rund um die Themen Bankpolitik und Bankpraxis finden Sie auf der Webseite www.die-bank.de.
« Zurück zur Übersicht