Coronavirus-Pandemie: IW warnt vor neuer Bankenkrise
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln schließt eine neue Bankenkrise infolge der aktuellen wirtschaftlichen Depression nicht aus. Die Wissenschaftler des Instituts arbeiteten hierfür in einer aktuellen Studie drei mögliche Szenarien heraus. Im ersten Szenario warnen die Autoren vor einem Rating-Downgrade für bestimmte europäische Staaten, etwa Italien oder Griechenland, wenn die Staatsschulden weiter anstiegen. „Da unverändert Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital zu unterlegen sind und wegen eines Home Bias der Banken in ihrem Engagement, kann daraus eine Wiederkehr der Banken- und Staatsschuldenkrise im Euroraum resultieren“, so die Fachleute. Das dürfte vor allem Großbanken betreffen. Anders als bei der Finanzkrise vor zehn Jahren wirke dem jedoch die etablierte Bankenunion mit entsprechenden Eingriffs- und Stabilisierungsmöglichkeiten entgegen, heißt es.
Eine weitere Gefahr für die Banken resultiert für die Experten aus Umsatzeinbußen der Reisebranche. Es zeige sich, dass die Pandemie das Reiseverhalten der Menschen verändere. Umsatzrückgänge und -verschiebungen im Tourismus machten dies deutlich. Besonders die Luftfahrtbranche sei betroffen, für das zweite Halbjahr werde allenfalls eine Auslastung von 30-40 Prozent des Vorkrisenniveaus erwartet, eine Normalisierung erst über mehrere Jahre. „Da unklar ist, wie lange die Unterauslastung letztlich bestehen bleibt und welche strukturellen Effekte fortwirken, kann es sein, dass Banken die Kreditausfallraten bei der Flugzeugfinanzierung und der Schiffsfinanzierung unterschätzt haben“, so die Analyse. Bei einer zu geringen Eigenkapitalunterlegung drohten Bilanzprobleme, die aber vor allem auf diese Finanzierungen spezialisierte Großbanken und Anleihegläubiger betreffen dürften.
Mögliche Insolvenzen in Corona-betroffenen Branchen
Im dritten Szenario wird vor Kreditausfällen etwa bei Sparkassen gewarnt. Besonders bedeutsam könnten für das Bankensystem breit angelegte Insolvenzen in Corona-betroffenen Branchen sein (z.B. Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Gastgewerbe, Tourismus, Messebau, Freizeit und Sport). Vor allem kleinere Unternehmen seien in diesen Branchen betroffen. Hinzu kämen ggfs. Unternehmen in den Zulieferbereichen der Automobilhersteller, wenn dort die Nachfrage nachhaltig schwach bleibe und zugleich der Strukturwandel zu neuen Antrieben stark forciert werde. Vor allem die Kreditgenossenschaften und die Sparkassen hätten diese kleineren Unternehmen als Kunden, so dass die Möglichkeit von umfassenderen Kreditausfällen bei diesen Bankengruppen bestehe. Beide Bankengruppen besäßen jedoch eigene Aufsichts- und Sanierungssysteme. Insofern könne eine Insolvenzwelle grundsätzlich in den Verbünden aufgefangen werden, so die Studie.
Die Covid-19-Krise werde den Bankensektor längerfristig belasten, heißt es weiter. Denn die Unternehmen müssten sich verschulden, um Umsatzausfälle zu kompensieren. „Bevor sie wieder investieren können, müssen sie erst Verschuldung abbauen.“ Eine längere Phase mit geringerer Kreditnachfrage werde daraus resultieren, welche die Profitabilität der Banken belasten werde. Gebotene Politikreaktionen sollten nicht auf den Bankensektor gerichtet sein, sondern vor allem auf die Realwirtschaft zielen und dort zur Bilanzstärkung der Unternehmen beitragen, durch steuerliche Instrumente (z.B. Abzugsfähigkeit von Tilgungsraten), einen zur Negativsteuer systematisch ausgeweiteten Verlustrücktrag. Überlegenswert erscheine auch, anstelle der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mehr Venture Capital für Neugründungen bereitzustellen, um dadurch den Strukturwandel zu befördern. (ud)
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