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Studie: Europas Banken halten Covid-19-Pandemie stand

Die Coronavirus-Pandemie setzt die Kreditinstitute in Europa wirtschaftlich enorm unter Druck. Mit Milliarden-Krediten sollen die Geldhäuser dafür sorgen, dass die Konjunktur nicht noch weiter einbricht. Doch erhalten die Banken ihre Darlehen auch zurück? Laut einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman müssen die Institute in den nächsten drei Jahren mit Kreditverlusten in Höhe von über 400 Mrd. Euro rechnen. Doch allen widrigen Umständen zum Trotz: Derzeit ist insgesamt offenbar davon auszugehen, dass europäische Banken die Herausforderungen der Covid-19-Krise weitgehend überwinden werden und es nicht zu einer strukturellen Bankenkrise wie in 2008/09 kommen wird. Dies geht aus der neuen Ausgabe der European Banking Study (EBS) der Strategieberatung zeb hervor.

Dr. Dirk Holländer, Mitautor der Studie, erklärte: „Unsere aktuelle Analyse zeigt, dass die Auswirkungen von Covid-19 und die resultierende schwächere Konjunktur nicht zu einer allgemeinen Finanzkrise über den gesamten Bankensektor hinweg führen dürften." Der europäische Bankensektor habe sich bisher im Durchschnitt behaupten können. Dennoch bleibe große Wachsamkeit geboten. Das enge Zusammenspiel von Aufsichtsbehörden, Regierungen und Banken müsse fortgesetzt werden. Nur so könnten mögliche künftige Liquiditätsengpässe vermieden und die Kreditvergabefähigkeit der Banken gewährleistet werden. „Dies ist aktuell und bei einem Anspringen der Konjunktur zur Versorgung der Realwirtschaft mit entsprechenden Investitionskrediten unerlässlich, wenn der ursprüngliche ökonomische Potenzialpfad wieder erreicht werden soll“, so Holländer.

Allerdings benennt die Studie auch eine Reihe von Gefahren für die Banken. So seien die Risikokosten vieler Institute im Laufe des ersten und zweiten Quartals dieses Jahres deutlich gestiegen, mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Profitabilität. Zudem sei absehbar, dass die Kapitalquoten der 50 größten Banken Europas angesichts von erwartbaren Ratingverschlechterungen bei ihren Kunden sowie der Zunahme von notleidenden Krediten sinken dürften. Dabei würden ausgewählte Institute aufgrund ihrer spezifischen Branchenstruktur im Kreditportfolio und ihrer regionalen Präsenz stark von der aktuellen Krise betroffen sein, hieß es.

Gravierende Folgen für die Finanzindustrie

Im Detail zeigt die Untersuchung die gravierenden Folgen der Pandemie für die Finanzindustrie. So fiel die durchschnittliche Kernkapitalquote (CET1) der 50 größten europäischen Banken den Angaben zufolge im ersten Quartal 2020 zunächst auf 14 Prozent (2019: 14,4 Prozent). Hauptreiber waren demnach der Anstieg der Neukredite, die Nutzung von Kreditlinien durch Kunden sowie teils negative Ergebnisse infolge höherer Risikokosten im Kreditgeschäft. Dieser Effekt sei im zweiten Quartal 2020 vollständig umgekehrt worden, vor allem aufgrund niedrigerer risikogewichteter Aktiva (RWA) und der Aussetzung von Dividendenzahlungen.

Dr. Ekkehardt Bauer, Senior Manager und ebenfalls Mitautor der Studie, sagte: „Insgesamt liegt die Kapitalausstattung der Banken mit 14,4 Prozent am Ende des zweiten Quartals weit über den regulatorischen Quoten und den Anforderungen des Markts. Darüber hinaus haben die Aufsichtsbehörden den Banken durch die Lockerung der Kapitalanforderungen als Reaktion auf die Krise weiteren Spielraum verschafft. Hier zeigen sich Europas Finanzinstitute solide.“

Beim Blick auf die Profitabilität von Europas Topinstituten ergibt sich laut der Analyse ein anderes Bild. Nachdem die durchschnittliche Eigenkapitalrendite nach Steuern im Jahr 2019 noch bei 6,4 Prozent gelegen habe, gingen die Ergebnisse im bisherigen Verlauf des Jahres 2020 – hauptsächlich getrieben durch höhere Risikokosten – demnach deutlich zurück. Im ersten Quartal hätten die Institute noch eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 2,2 Prozent erreicht, im zweiten Quartal sei diese mit -0,3 Prozent sogar negativ gewesen. Die Risikokosten lägen bereits Ende des zweiten Quartals 2020 über dem Wert für das Gesamtjahr 2019.

Christian Schiele, auch Mitautor der Studie, erklärte: „Bei individueller Betrachtung der Banken ergibt sich ein differenzierteres Bild. Tatsächlich weisen mehrere Institute eine durchaus solide Kapitalausstattung und Profitabilität auf. Andere dagegen kämpfen mit schwerwiegenden Konsequenzen. Ihre Gewinnpolster zur Abfederung der Pandemiefolgen haben bereits jetzt ein sehr niedriges Niveau erreicht." (ud)


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