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Umfrage in der Finanzbranche

Plattformen bedrohen direkten Kundenzugang

Kundenbindung ist für die Finanzindustrie ein zentraler Parameter. Mit Hochdruck arbeitet die Branche daran, die „letzte Meile zum Kunden“ vor dem Hintergrund der digitalen Transformation und der sich ausbreitenden Plattform-Ökonomien zu sichern. Laut einer Umfrage sehen bisher jedoch nur 27 Prozent der Befragten ihr Unternehmen „sehr gut“ oder „gut“ für den Kampf um die „letzte Meile“ zum Kunden gerüstet – hingegen 33 Prozent nur „ausreichend“ oder schlechter. Diese „letzte Meile“, also der direkte Kundenzugang und die Fähigkeit, die unmittelbare Kundenbindung zu erhalten, werde aber als zentral für den Unternehmenserfolg eingeschätzt: Für 91 Prozent der Befragten ist der direkte Zugang zum Kunden demnach das „A und O“ des Geschäftsmodells, 88 Prozent sähen hier auch einen zentralen Stellhebel für die Profitabilität ihres Unternehmens. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Befragung der Unternehmensberatung Horn & Company Financial unter Vertretern aus einem breiten Spektrum der Financial-Services-Industrie.

Die Teilnehmer seien etwa gefragt worden, wodurch sie den direkten Kundenzugang bedroht sähen und wie ihr Unternehmen auf diese Bedrohung reagiere. Ganz vorn auf der Liste der Bedrohungen stehen demnach Plattformen/Ökosysteme sowie Digitalisierung/Entpersonalisierung mit jeweils 73 Prozent Zustimmung – knapp gefolgt von den direkten Wettbewerbern mit 70 Prozent Zustimmung. Vergleichsweise abgeschlagen folgten Vertriebsorganisationen und Vermittler mit rund 50 Prozent. Das sich ergebende Meinungsbild decke sich insgesamt mit der Einschätzung der Bedrohung durch Wettbewerbergruppen im Zuge der digitalen Transformation: Hier würden – wie bereits bei der Umfrage aus dem 1. Halbjahr 2019 – die Tech-Giganten (Apple, Google, Amazon, …) als gefährlichste Gruppe eingeschätzt (61 Prozent Zustimmung in beiden Umfragen), gefolgt von den direkten Wettbewerbern (leichter Rückgang von 59 auf 57 Prozent im zweiten Halbjahr 2019). 

Hohe Erwartungen an Ausbau von Data Analytics

Gefragt wurde demzufolge auch, was die Finanzindustrie konkret unternehme, um die Kundenschnittstelle zu sichern und die Bindung zum Kunden zu erhalten oder sogar zu festigen. Eine nahezu unverzichtbare Maßnahme sei für die überwiegende Mehrheit (85 Prozent) die Omnikanalfähigkeit inklusive einer verbesserten Integration der Vertriebskanäle. Dies sei auch deswegen wenig verwunderlich, weil über 85 Prozent der Teilnehmer angäben, dass Omnikanalfähigkeit von ihren Kunden aktiv eingefordert werde. Ebenso werde die Erhöhung der Kundenorientierung – obwohl auch bereits seit vielen Jahren propagiert und Gegenstand erheblicher Bemühungen – noch immer sehr häufig (84 Prozent) als Mittel der Wahl genannt. Über zwei Drittel der Befragen (68 Prozent) knüpften auch hohe Erwartungen an den Ausbau von Data Analytics und die bessere Nutzung von Daten und Informationen zum Kunden – hier seien offenbar noch längst nicht alle Potenziale ausgenutzt, so die Umfrage.

Wie es weiter hieß, sei zudem danach gefragt worden, inwieweit bestimmte „agile Paradigmen“ in den Unternehmen der Finanzbranche aktuell zur Anwendung kämen. Bei den Antworten seien deutliche Unterschiede zwischen den Bankengruppen erkennbar. So folgen demnach etwa Sparkassen und Landesbanken deutlich seltener dem Paradigma „Geschwindigkeit ist wichtiger als Kosten“ (21 Prozent) als Privatbanken (43 Prozent) und Genossenschaftsbanken (49 Prozent). In Sparkassen und Landesbanken werde – nach Ansicht der Befragten aus der jeweiligen Gruppe – auch seltener in interdisziplinären und kollaborativen Teams gearbeitet (45 Prozent) als im Durchschnitt aller Teilnehmer (61 Prozent), dort würden Fehler auch seltener als Lernchancen begriffen (41 Prozent) als in Privatbanken (65 Prozent). (ud)

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